Heiko Neumeister

 

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Michael Lenger
Aus einem Beitrag zum Ausstellungsprojekt "Locomotion"

Heiko Neumeisters Rekonstruktion eines Aquarells von Paul Klee, das auf einem Grafikprogramm erneut entsteht: Zeiten, Orte und Bewegungen einer klassischen Moderne durchqueren die digitalen Bildgeneratoren, um sich der Frage ihrer Differenz auszusetzen.

Denn Fragen der Differenz und des Ortes oder der Bewegungsweise von Bildern sind Künstlern deshalb vertraut, weil diese Fragen nie wirklich „festgemacht“ werden können.  Sie brechen nicht erst dort auf, wo es sich um die Paradoxien eines Orts handelt, der auftaucht, weil er verschwindet. Diese Fragen setzen auch nicht erst ein, wo es um den Ort des Museums, um einen öffentlichen Raum, um das Kino oder den Anachronismus von Kunsthochschulen geht. Allen restaurativen Diktaten zum Trotz, mit denen die künstlerische Frage heute erneut auf solche Orte festgelegt werden soll, hat sie ihre eigenen „Bewegungsformen“. Sie läßt sich nicht auf Territorien verpflichten und ebenso wenig auf „Medien“. So folgt sie den avancierten Materialien „neuer“ Technologien und ihrer anderen Räume nicht, weil sie exotisch wären und deshalb Erfolge auf dem Kunstmarkt in Aussicht stellen würden. Vielmehr intervenieren künstlerische Fragestellungen in solchen „neuen“ Bildtechnologien, weil sich in ihnen eine spezifische Gewalt freisetzt. Nirgends ist die künstlerische Frage mehr am Platz als dort, wo sie sich solchen medialen Gewalten exponiert. Denn hier wird deutlich, was mit den Bildern auf dem Spiel steht. Ihre Gewalt setzt nicht dort ein, wo sie sich in Szenarien der Zerstörung darstellt. Ebenso wenig macht sich der Voyeurismus, den die digitalen Bilder herausfordern, an so etwas wie expliziten Darstellungen sexueller Handlungen fest. Gewaltsam vielmehr ist, die Bilder zu einem Vorwand ihres eigenen Erscheinens zu machen. Voyeuristisch ist die Transparenz, die Bedeutungslosigkeit, die Maßlosigkeit, mit der die Bilder erscheinen. Denn sie fordern ein Sehen heraus, das jeder Szene entgegengesetzt ist und deshalb im Wortsinn ob-szön ist: angestrengt starrt es dem Eintreffen einer Bedeutung entgegen, die stets ausbleibt und sich als Erfüllung nur halluzinieren läßt. Und dies bannt zunächst den Blick, um ihn in sich zu kehren bis zur Apathie, zur Fühllosigkeit und zum Erblinden.

Künstlerisch ist, in solchen Gewalten des Bedeutungslosen, im Voyeurismus der obszönen, entorteten Transparenz eine Differenz zu entziffern, die ihnen entgeht. Und deshalb sprunghaft in ihnen umgeht: ganz so, als könne sich hier eine andere Konstellation von Ort, Bewegung und Bild abzeichnen.